Früher, im analogen Zeitalter, ich erinnere mich noch sehr gut, war es unumgänglich ein Reisebüro aufzusuchen, wollte man in den Urlaub fahren. Zentnerweise wurden die Veranstalterprospekte von TUI & Co. aus dem Büro getragen, die Angebote zu Hause studiert, entweder gleich das Passende gefunden und nur noch im Reisebüro gebucht oder aber diverse Ideen beratend im Reisebüro diskutiert, um eine finale Buchungsentscheidung treffen zu können.
Im analogen Zeitalter war es gar nicht möglich, direkt beim Reiseveranstalter seine Urlaubsreise zu buchen. Die Begrifflichkeiten „Reisebüro“ und „Reiseveranstalter“ und letztlich deren Bedeutung bzw. Unterschied waren sonnenklar:
Das Reisebüro berät und vermittelt die Urlaubsreise, die vom Reiseveranstalter angeboten und durchgeführt wird. Dabei unterliegt das Reisebüro anderen rechtlichen Grundlagen als der Reiseveranstalter, weil:
- Das Reisebüro vermittelt touristische Leistungen im Namen und auf Rechnung des jeweiligen Leistungsträgers. Leistungsträger kann obiger Reiseveranstalter sein oder aber der jeweilige, einzelne Leistungsträger wie Fluggesellschaft, Hotel, Bahn, Mietwagenfirma usw. Der Leistungsträger ist in der Pflicht und Haftung, die durch das Reisebüro gebuchte Leistung gegenüber dem Reisenden zu erbringen. Das Reisebüro haftet für fehlerhafte Beratung und Buchung.
- Der Reiseveranstalter kauft touristische Leistungen ein, paketisiert sie i.d.R. und verkauft sie im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und dort in einer Summe ausgewiesen weiter. Das wird als Pauschalreise bezeichnet und damit ist der Reiseveranstalter in der Pflicht und Haftung, die Leistung gegenüber dem Reisenden zu erbringen.
Vergleichen kann man das sehr gut mit dem Versicherungsvertreter, finde ich. Auch der berät und vermittelt das passende Versicherungsunternehmen. Im Schadensfall hat das Versicherungsunternehmen die „gekaufte“ Leistung zu erbringen und nicht der Versicherungsvertreter.
Daran hat sich bis heute nichts geändert! Nur die Wahrnehmung ist eine andere geworden.
Das digitale Zeitalter hat die Grenzen gefühlt aufgeweicht. Der Reiseveranstalter kann nun den Vertrieb seiner Reisen über das Reisebüro umgehen, indem er die Direktbuchung über seine Webseite anbietet. Das Reisebüro wiederum hat sich der Digitalisierung derart angepasst, dass es über seine Webseite Schnittstellen zu den Reiseveranstaltern geschaffen hat, sodass der Kunde auch über deren Seite ebenfalls direkt durchbuchen kann.
Der Unterschied liegt jetzt sozusagen einzig in der Tatsache, dass der Kunde bei Buchung über die Reisebüro-Webseite einen Ansprechpartner mit gebucht hat, an den er sich bei etwaigen Problemen wenden kann. Dessen ist er sich aber selten bewußt und wird sich spätestens im Stornofall wundern, wenn der Reiseveranstalter den Stornoauftrag nicht annimmt und ihn dafür an das Reisebüro verweist, über dessen Webseite er gebucht hat.
Mit dem digitalen Zeitalter hat sich zudem das Reiseverhalten geändert. Weg von der klassischen Pauschalreise, weil man seine Wünsche dort nicht im vollen Umfang wieder findet, hin zum Griff in den Baukasten, um die Reise durch Buchung von Einzelleistungen wunschgemäß zusammen zu basteln. Früher nannte man das „Individualreise“, heute heißt es „verbundene Reiseleistung“.
Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen unterliegen ebenso rechtlichen Unterschieden wie das Reisebüro und der Reiseveranstalter.
Auch das hat sich im Grunde nicht geändert, aber das Chaos ist perfekt und die Krux liegt wie immer im Detail, worauf ich im nächsten Blog „EU-Pauschalreiserichtlinie“ eingehen werde.